Dienstag, 4. Oktober 2011

Von einer profiliga in großen, hohen hallen und von funktionärsfeuchtträumen


Liebe freunde und freundinnen des gepflegten volleyballs,
  
irgendwie habe ich ja befürchtet, dass ich mir mit meinem letzte woche gefassten vorsatz sozusagen selbst das wasser abgraben werde, und mein blog thematisch vetrocknen wird. Aber nein, die rettung naht in gestalt eines berichtes des orf über eine pressekonferenz (http://sport.orf.at/stories/2081851/). Schon der erste satz des artikels ist ein knüller: „Die austrian volley league (AVL) soll sich zu einer profiliga entwickeln und damit die basis für ein starkes nationalteam bilden“, steht dort zu lesen. „Aha“ war meine erste reaktion. Die reaktion eines freundes, nachdem ich ihm diesen satz vorgelesen hatte, möchte ich dem werten leser und der werten leserin nicht vorenthalten: „der war gut“, hat er gemeint. Und damit ist fast schon alles zu diesem thema gesagt. Aber, damit ich auf meine übliche wortzahl in diesem blog komme, möchte ich mich über diese idee doch ein bisschen mehr auslassen.

Hat sich da im övv irgendjemand gedanken darüber gemacht, welche vereine es sich überhaupt leisten können in einer derartigen profiliga zu spielen? Noch dazu, wenn man sich dann die in diesem artikel weiter ausgeführten funktionärsfeuchtträume im detail ansieht. Wer, bitte sehr, wird die hallen mit einer mindesthöhe von 9 metern, in denen ab der saison 2013/14 nach diesen plänen nur noch gespielt werden darf, bezahlen? Ich wünsche den vereinen viel glück beim suchen nach der finanzierung. Noch drolliger ist die auflage der zuschauerkapazität von mindestens 500. Wie will man diese hallen füllen? Die spiele der österreichischen nationalmannschaft haben bei der eurovolley gerade einmal 4000 bis 5000 zuschauer pro spiel in die stadthalle gelockt. Und dann will man woche für woche mehrere hallen in österreich mit mindesten 500 zuschauer füllen. Ich bewundere den optimismus der für diese vorgaben verantwortlichen. Die waren vermutlich noch nie bei einem spiel der avl in wien. Da kann man schon froh sein, wenn sich fünfzig leute in die halle verirren. Und da kommen sicher nicht mehr, nur weil die halle dann zehn meter hoch ist (so viele klaustrophobiker gibt es wohl unter den voleyball-fans nicht). Außerdem soll die anzahl der vereine, die in der avl spielen, auf maximal acht verringert werden. Ich fürchte, dass es zumindest nach heutigem stand, nicht einmal halb so viele vereine gibt, die sich diese erträumte profiliga und ihre auflagen leisten könnten. Aber teamchef warm meint im selben artikel, dass die liga selbst ja gar nicht so stark sein müsste, und zitiert serbien als vorbild (schon wieder ein neues vorbild nach finnland und er türkei; über die habe ich hier schon vor ein paar wochen geschrieben). Dort ist man so erfolgreich, weil man die jungen spieler ins ausland lässt. Und das soll in österreich funktionieren? Die nachfrage nach österreichischen spielern ist offenbar so groß, dass die beiden aufspieler der nationalmannschaft im moment ohne vertrag sind (ok, ok, der eine will angeblich studieren, aber der andere würde wohl ganz gerne spielen).

Für mich sieht diese gerede um eine profiliga etwas aufgesetzt aus. Da hat man sich beim övv wohl sportliche erfolge der nationalmannschaft bei der eurovolley erwartet und wollte den rückenwind nützen. Und dazu hatte man dieses konzept offenbar schon vorbereitet gehabt. Aber, wie heißt es im englischen so schön: don’t count your chickens before they are hatched. Der erfolg ist ausgeblieben, man hat diese em trotz intensivster vorbereitung sportlich in den sand gesetzt, drei niederlagen ohne satzgewinn. Zumindestens hat man - wie ich in einem boshaften zeitungskommentar gelesen habe - das ergebnis der letzten em, an der man als veranstalter teilgenommen hatte, nicht unterschritten. Auch damals, 1999, hatte man keinen satz gewonnen. Die strukturellen versäumnisse der letzten jahre, über die ich mich hier auch schon ausführlich verbreitet habe, konnten eben in eineinhalb jahren nicht mehr wettgemacht werden.

Anstelle über eine profiliga zu phantasieren, sollte sich der övv über andere dinge gedanken machen (und ich will nicht schon wieder über die legionärsproblematik schreiben), z.b. darüber, dass in wien die nachwuchsligen buchstäblich zerbröseln. Das stört mittlerweile sogar die hotvolleys (obwohl ich denke, dass der wolf da ein bisschen zu viel kreide gefressen hat). Die armen müssen mit ihren nachwuchsmannschaften jetzt schon nach nitra in die slowakei fahren, weil es ihn wien keine gegner mehr gibt (nachzulesen auf der website der hotvolleys). Abgesehen davon sind die hotvolleys aber offenbar im besitz eines wundermittels, das aus siebzehnjährigen vierzehnjährige macht: http://www.sportnet.at/de/volleyball/102464246060/hotvolleys_starten_ins_ungewisse Der laut diesem artikel vierzehnjährige alexander/aleksandar (auch bei der schreibweise des vornamens gibt es widersprüche zwischen den beiden quellen) todic ist wie unter http://oevv.volleynet.at/Kader/0-6671 nachzulesen in wirklichkeit bereits siebzehn. Aber es macht sich halt so gut, wenn man die tolle nachwuchsarbeit dadurch unterstreichen kann, dass ein angeblich vierzehnjähriger in der 1. bundesliga spielt.

Und zum schluss noch ein wenig kritik an der övv-homepage: unter http://www.volleynet.at/News/0000075118 findet man einen artikel mit der überschrift „tirol, aich dob und hot volleys siegen.“ Und was ist mit arbesbach und gleisdorf? Die haben nämlich auch gewonnen. Spielen die nicht in der avl? Wurde da die liga schon reduziert auf die profi-mannschaften? Na, ich kann mir die erklärung schon vorstellen, die man vom övv auf eine entsprechende anfrage bekäme: Man wollte einfach die drei großen vereine hervorheben. Wobei einer von den dreien ist ja gar nicht mehr so wirklich groß, wenn man den pressemeldungen der vorvorigen woche glauben schenkt.

Im übrigen bin ich der meinung, dass sich an der spitze des övv, und zwar ganz oben, zum wohle des österreichischen volleyballs möglichst schnell etwas ändern sollte.
Da steht normalerweise mein schlusssatz. Das ungeschwärzte original findet der kundige leser und die kundige leserin weiter unten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen