Liebe freunde und freundinnen des gepflegten volleyballs,
es ist ja verdächtig ruhig gewesen in der letzten zeit rund um das leidige
thema „tägliche turnstunde“, und die anzahl der unterschriften wächst auch
nicht mehr so schnell wie noch vor einigern wochen. Und von uhpir war in der
vergangenen woche nichts zu hören und zu lesen zum thema, kein aufsatz, keine
seminararbeit, keine wissenschaftliche abhandlung. Apropos wissenschaftlich:
Möglicherweise hat die ruhe auch damit zu tun, dass uhpir meine anregung ernst
genommen hat, und nun ganz eifrig wissenschaftliche arbeiten als belege für
seine behauptung, dass es wissenschaftlich nachweisbar sei, dass kinder, die
„man bewegt“, nach der streichung einer mathematikstunde oder einer
deutschstunde am ende des schuljahres bessere ergebnisse in diesen gegenständen
erzielten als kinder die mehr mathematik- und deutschstunden hatten sich aber
weniger bewegten, sucht. Oder war uhpir mit der organisation einer
pressekonferenz beschäftigt, für deren ankündigung wieder einmal die
övv-homepage herhalten musste (http://www.volleynet.at/News/0000080378).
Und in dieser pressekonferenz, die sogar in orf sport+ live übertragen werden
wird, treten die selbsternannten und sonstigen experten zum thema tägliche
turnstunde in geballter ladung auf. Da wimmelt es geradezu von präsidenten und
direktoren und professoren, dass es einem ganz schwindlig werden könnte.
Besonders schwindlig wird es einem werden, wenn uhpir uns – wie auf der
övv-homepage angekündigt - erklären wird was sport der wirtschaft bringt.
Vermutlich berichtet er da als hhvmir vom wirtschaftlich überaus erfolgreichen
modell seiner hotvolleys. Und außerdem wird er uns erklären, dass wir für die
tägliche turnstunde nicht mehr unterrichtsstunden benötigen. Sein sogenanntes
konzept für die turnstunde mathematik- und deutschstunden zu opfern habe ich ja
letzte woche hier schon verrissen. Das erspare ich mir. Aber dann werden auch
noch beweise angekündigt, die ein herr dr. schober, seines zeichens kinder- und
jugendchirurg, erbringen wird, warum die tägliche turnstunde ein muss ist. Das
ist zwar sprachlich, möglicherweise wegen bereits gekürzter deutschstunden,
nicht ganz schlüssig, aber man darf trotzdem gespannt sein. Ich habe mir die
mühe gemacht die renommierte suchmaschine der us library of medicine und des
national institute of health für wissenschaftliche literatur dazu zu verwenden, nach relevanten artikeln
von dr. schober zum thema turnen zu suchen (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/).
Sehr ergiebig war die suche nicht. Außer einigen artikeln zu chirurgischen
prozeduren habe ich einen artikel von dr. schober über schulunfälle in
österreich gefunden (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17611761).
Die meisten unfälle passierten laut dieser studie, nicht überraschend, im turnunterricht.
Wie weit diese arbeit dr. schober zum experten macht, der uns „beweise“ für die
einführung der täglichen turnstunde liefern soll, sei dahingestellt. Apropos
beweise: mit diesem terminus hat uhpir ja so eine probleme. Streng genommen
gibt es in der wissenschaft keinen beweis, sondern nur wahrscheinlichkeiten,
die sich mit statistischen methoden berechnen lassen, aber um die zu erlernen
braucht man leider wieder ein paar von diesen urfaden und saublöden
mathematikstunden.
Mir ist es aber in der zwischenzeit gelungen, ganz prominente testimonials
für die tägliche turnstunde aufzutreiben, die ich hier exklusiv veröffentlichen
möchte. Ich muss schon zugeben, dass ich sehr davon beeindruckt bin, welche
unterstützer uhpir für sein lieblingsprojekt gewinnen konnte. Da kann ja nichts
mehr schiefgehen.
* Schaffen wir eine, zwei,viele turnstunden (da hat sich der gute fidel ein
zitat von che guevarra ausgeborgt und es leicht modifiziert).
In wahrheit ist es aber so, dass es durchaus auch prominente gegenstimmen
zu dieser initiative gibt. So zeigt sich ronald leitgeb wenig begeistert von
der initiative. Auch die anzahl der gesammelten unterschriften beeindruckt
leitgeb im vergleich zu der mitgliederzahl von 3 millionen der die aktion
unterstützenden verbände askö und asvö nur mäßig (http://www.laola1.at/de/sport-mix/mehr-sport/sonstiges/leitgeb-von-taeglicher-turnstunde-nicht-begeistert/page/36086-320-107-189-.html).
Lustig wird es dann, wenn man diesem link folgt und auch die kommentare liest.
Ein user „littleman“ (na wer das wohl ist) erklärt dort die negative reaktion
von leitgeb mit verletzter eitelkeit. Da spricht littleman wohl aus eigener
erfahrung.
Durchaus kritisch mit der kampagne zur einführung der täglichen turnstunde setzt
sich in einem artikel in der tageszeitung die presse auch johann skocek
auseinander, dessen falter-artikel zum thema ich in meinen letztwöchigen
eintrag einkopiert hatte (http://diepresse.com/home/sport/zeitlupe/1303747/Denn-sie-wissen-nicht-was-sie-sollen).
Er fragt mit recht an wen sich eine von allen 183 parlamentsabgeordneten
unterstützte unterschriftenaktion richtet. An sich selbst, an die abgeordneten
der jeweils anderen parteien. Vielleicht könnte uhpir, den skocek treffend als
selbst ernannten kämpfer für das kindeswohl bezeichnet, diese fragen in der
oben schon erwähnten pressekonferenz beantworten. Skocek beschäftigt sich mit
dem thema übrigens auch in seinem blog (http://johannskocek.com/2012/08/21/schamen-sie-sich-frau-unterrichtsminister/,
http://johannskocek.com/2012/10/25/denn-sie-wissen-nicht-was-sie-sollen/).
Warum uhpir so vehement für die kürzung der mathematikstunden eintritt hat
möglicherweise mit der abrechnung der mit der eurovolley erwirtschafteten
verluste zu tun aber vermutlich auch mit den unter http://www.wien.gv.at/statistik/lebensraum/tabellen/sportveranst-zr.html
veröffentlichten angeblichen zuschauerzahlen bei volleyballveranstaltungen
in wien. Ein treuer leser hat mich auf diese hochleistungszahlenakrobatik
aufmerksam gemacht. Der besseren anschaulichkeit halber habe ich die tabelle
mit den zuschauerzahlen bei verschiedenen sportveranstaltungen in wien in den
jahren 2009, 2010 und 2011 hier einkopiert.
Das muss man sich wirklich im detail anschauen. 2009 haben angeblich 11376
zuschauer 23 volleyball-veranstaltungen besucht, das wären nach einer einfachen
schlussrechnung 494 zuschauer pro veranstaltung (für alle, die schon zu viele
turnstunden hatten: man dividiert 11376 durch 234, ja und das kann man auch
ohne taschenrechner). 2010 waren es 7013 zuschauer bei 18 veranstaltungen. Das
macht 389 zuschauer pro spiel. Im jahr 2011 wird es etwa komplizierter. Von den
61788 muss man die angeblich 59300 zuschauer bei der eurovolley abziehen und
von den 24 spielen muss man die 16 spiele bei der eurovolley in wien abziehen.
Das macht dann 2488 zuschauer bei verbliebenen 10 spielen und damit 248
zuschauer bei jedem dieser 10 spiele ( http://www.eurovolley2011.com/de/news.html).
Wie man bei den dürftig besuchten gruppen- und viertelfinalspielen dann
trotzdem noch auf einen durchschnittlichen zuschauerschnitt von mehr als 4200
pro spiel der eurovolley in wien kommt ist nicht ganz einfach nachzuvollziehen
(http://sport.orf.at/stories/2079395/).
Aber wie die zahlen aus den jahren 2009 und 2010 zustande gekommen sind grenzt
an magie. Wo und wann, bitte sehr, sollen in diesen beiden jahren 41 volleyball-veranstaltungen
in wien mit durchschnittlich zwischen 400 und 500 zuschauern stattgefunden
haben? Das kann sich nicht einmal mit diversen schuläktschns ausgehen. In der
datavolley-statistik finden sich keine spuren davon, die für die zuschauerzahlen
und für die einnahmen (ja so ein eintrag ist im datavolley system möglich)
vorgesehenen felder blieben über die jahre hin verlässlich leer. Auch im heuer auf
der övv-homepage neu installierten livescoring system, das übrigens auch an
diesem wochenende wieder einmal nicht einwandfrei funktioniert hatte, wird man,
im gegensatz zum in der deutschen bundesliga verwendeten gleichartigen system,
wo unmittelbar nach ende der spiele die zuschauerzahlen eingetragen werden,
nicht den kleinsten hinweis auf die anzahl der
zuschauer (http://www.volleyball-bundesliga.de).
Sind halt ein bisschen genauer und korrekter unsere nördlichen nachbarn, werden
jetzt einige vielleicht sagen. Aber sogar in italien, wo man ja – um es
vorsichtig zu formulieren – ein etwas entspannteres verhältnis zur genauen
dokumentation hat, findet man zu jedem spiel der serie a nicht nur die
zuschauerzahlen sondern – man höre und staune – auch die einnahmen (http://www.legavolley.it/?Lng=2). Und
was bleibt als resume? Mehr fragen, auf die wir wieder einmal, wie auch auf die
untenstehenden, keine antworten bekommen werden.
Wo bleibt die offizielle abrechnung der eurovolley?
Wer ist verantwortlich für die auswahl der werbeagentur, die die
werbekampagne für die eurovolley kreiert hat?
Kann der övv pleite gehen?
Im übrigen bin ich der meinung, dass sich an der spitze des övv, und zwar
ganz oben, zum wohle des österreichischen volleyballs möglichst schnell etwas
ändern sollte.